Auftakt: Dies ist ein Blog-Beitrag zum Modul „Agile Methoden“ des Bootcamp Product Owner der Digitale Leute School. Am Montag, 14.11.2023, beschäftigte sich Colleen Graneto mit dem Roadmapping.
Roadmaps sind eine prima Methode der Visualisierung. Es gibt sie in schier unendlich vielen Formen. Colleen hat dazu eine englischsprachige Session gemacht.
Was sind Roadmaps
Vielleicht die entscheidende Einschätzungen: „Roadmaps sind eine Visualisierung der Strategie“, so Colleen. Das bedeutet im Umkehrschluss: Wenn ein Unternehmen keine sinnige Strategie hat, dann helfen Roadmaps auch nicht wirklich weiter. Wie immer: Sie sind ein Tool und kein Selbstzweck. Colleen beschreibt es so:
- Roadmaps sind ein Tool, um Konsens zu finden.
- Sie sind die Visualisierung der Strategie.
Sprich: Sie stoßen Konversation an, dienen auch als Kontrollinstrument für das Outcome. Sie sind in diesem Sinne nicht Eigentum des CEO, sondern hier fließen Ideen von allen ein. Sie dienen der Zusammenarbeit („collaboration“) in „ermächtigten Teams“ (empowered teams). Das finde ich sehr zentral: Sie sind weniger ein Kontrollinstrument, sondern mehr ein Kommunikationsmittel. Sie können dabei folgende Inhalte bieten:
- Zeitleiste: aber „kein exakter Plan“
- Releases/Versionen: „Nicht im Detail“, so Colleen, keine Featureliste – und: mit Priorisierung
- Themes/Main Features: Colleen empfiehlt hier eine eher abstrakte („High-Level“) Beschreibung, in der Form: „KI-Tool für xyz“.
- Zielmarkt: Informationen über die Adressaten
- Abhängigkeiten/Kontext: Das „Wer“ -, aber eben auch recht „High-Level“, in der Form: Welche Teams müssen eingebunden werden.
- Technische Einflüsse
Die Rolle der Zielgruppe einer Roadmap
Nicht jede Roadmap ist für jede Zielgruppe geeignet. Das lässt sich auch leicht verstehen: Das, was den CEO interessiert, ist noch lange nicht für den Entwickler interessant. Die Lösung ist, mehrere Roadmaps zu haben bzw. aus einer Roadmap immer nur die Infos zu generieren, die für die jeweilige Zielgruppe relevant ist.
Eine Teilnehmerin fragt darauf hin völlig zu Recht, wie eine Vielzahl an Roadmaps aktuell gehalten werden können. Collleen antwortet: Indem sie eher abstrakt („High Level“) bleiben und nicht zu sehr ins Detail gehen. Die Details können irgendwie verknüpft werden, auch über verschiedene Tools hinweg. Das entscheidende ist, dass Roadmaps durch ihre Visualisierung helfen sollen, Komplexität zu reduzieren. Später sagt sie noch, dass für sie Roadmaps ein Tool sind, welches sie tagtäglich nutzt, also ständig aktualisiert. Es ist eben nicht statisch.
Es ist ein Tool, um den Austausch, die Konversation zu fördern. „Es ist ein Tool“, betont Colleen.
Roadmap-Arten und -Tools
Colleen hat eine ganze Reihe an Roadmaps mitgebracht, die wir später auch in unseren Gruppenarbeiten auf ihre Vor- und Nachteile hin untersuchen. Denn: Die perfekte Roadmap gibt es nicht. Hier die Liste:
- Swimlane Roadmap („Flussdiagramm“): Sie sind oft sehr detailliert und ähneln oft mehr einem Projektplan (was für Colleen eben dann keine Roadmaps sind). In der Gruppe diskutieren wir am Beispiel, dass die Gefahr besteht, dass Zeiten verbindlich werden.
- OKR Roadmap: Jeff Gothelf hat eine Roadmap entwickelt, mit der der OKR-Prozess abgebildet werden kann – das war ja auch schon Thema im Bootcamp.
- Sticky Notes Timeline: Warum es zu kompliziert machen? Ein Tool ist immer nur ein Hilfsmittel. Und wenn es auch mit ein paar Sticky Notes klappt, eine Roadmap zu visualisieren, dann umso besser. Es gibt dafür zahlreiche Templates. An sich finde ich daran aber den besonderen Reiz, dass man sich über die Rubriken und Art der Inhalte gleich im Team Gedanken machen kann, also die Roadmap so gestaltet, wie es das Team gerne möchte. Ich liebe einfache Lösungen, für die man nicht erst studiert haben muss, um sie zu verstehen.
- Strategy/Metric/Tactic-Roadmap: Gibson Biddle ist noch so ein Guru im Projektmanagement. Und er hat auch eine Art Roadmap entwickelt, die auf dem Unterschied zwischen Strategie – als das visiongeleitete Framework – und den Taktiken – als die operative Umsetzung – setzt. Sehr spannend, auch sehr einfach gestaltet. Die Schwierigkeit liegt dann darin, sie mit „richtigen“ Inhalten zu füllen.
- Now/Next/Later-Roadmap: Hierzu gibt es zahlreiche unterschiedliche Templates im Web, einfach mal die Suchmaschine Deiner Wahl anschmeißen. An dem Template von Colleen, welches ich leider im Web nicht gefunden habe, gefällt mir: Es gibt hier auch ein „Never“ in Form eines Papierkorbs. Denn: Niemals ist immer auch eine wichtige Option!
- Value Engine Funnel: Über diese Roadmap habe ich bereits für Digitale Leute berichtet. Tatsächlich war das seinerzeits ein sehr, sehr inspirierender Vortrag. Ich sehe diese Roadmap als einen Versuch an, die Discovery- mit der Delivery-Phase zu verknüpfen. Sprich: Aus 1000 Ideen wird am Ende ein Item. Tatsächlich ist sie schön visualisiert, aber dadurch auch recht kompliziert. Man muss dafür quasi studieren, um sie anwenden zu können… In der Gruppe stellten wir uns auch die Frage, wie man sie am Ende mit dem Operativen verknüpft.
- Strategic Themes & Milestones: Eine Roadmap, die in mehreren Stufen Themen und Meilensteine definiert. Im Web gibt es dazu zahlreiche Templates.
- Go Product Roadmap: Roman Pichler war ja auch Keynote-Sprecher auf dem Digitale-Leute-Summit 2023. Dort hat er auch seine Product-Roadmap vorgestellt. Mir gefällt daran, dass sie sehr einfach gestaltet ist. Auch hier stellte sich unsere Gruppe die Frage, wie man sie mit dem Operativen verknüpfen kann.
Und natürlich gibt es Tonnen von Tools, mit denen sich Roadmaps darstellen lassen: Jira, Trello, Asana… „Es ist aber wichtig, sich zunächst Gedanken zu machen darüber, was in der Organisation schon genutzt wird und welche Art von Infos wichtig sind“, so Colleen. Sprich: Das Tool sollte dem Sinn nach ausgesucht werden und nicht erst der Sinn im Tool recherchiert werden. Alle Tools sind unglaublich mächtig und man verliert sich darin, wenn man nicht weiß, was man damit machen will.
Sprich: Vielleicht mal einen Roadmap-Workshop machen? Nicht der HIPPO entscheidet, sondern das Team. Ach ja… Es ist vielleicht doch mehr Vision als Realität, wenn ich mir die doch sehr verkrusteten Strukturen in deutschen (Medien-)Unternehmen anschaue, in denen gerne Tools implementiert werden, weil sie hip sind und natürlich der neue Chef hier den absoluten Durchblick hat – also die Weisheit mit Löffeln gefressen hat. Und dadurch am Ende doch nur ein weiteres Tool implementiert wird, welches strukturell unsinnig und für die Teammitglieder auch unverständlich mehr unnütze Arbeit erzeugt. Dafür kann natürlich das Tool nichts, ihm wird es aber am Ende gerne angelastet. Colleen jedenfalls warnt davor ausdrücklich. Roadmaps sind Gedankenmodelle, die dabei helfen, die Strategie zu visualisieren. Und Tools müssen genutzt werden, damit sie Sinn ergeben. Und sie werden nur genutzt, wenn die Teammitglieder sie für sinnvoll halten. Die alte Leier…
Priorisierungsmethoden (für die Roadmap)
Am Ende visualisieren Roadmaps die Strategie. Und sie visualisieren auch Entscheidungen. Es ist sehr schwierig, Entscheidungen zu treffen, aber am Ende ist es die wichtigste Aufgabe eines Product Owners. Und – natürlich – möchte man in agilen Frameworks NICHT, dass der HIPPO einfach nach Bauchgefühl entscheidet, sondern es sollte in irgendeiner Weise argumentativ nachvollziehbar und datenbasiert sein. Aber wie macht man das? Auch hier gibt es wieder kein richtig oder falsch. Auch hier gibt es viele unterschiedliche Methoden.
Colleen bezieht sich dabei auf Daniel Sakarias, der unterschiedliche Priosierungstechniken systematisch in einer Periodic Table verortet. Es ist ein Graph, bei dem eine Achse den qualitativen und quantitativen Blickwinkel der Technik abbildet und die andere die interne und externe Wirkungsweise. Darin vor kommen auch:
Das ist nur eine Auswahl. Und wie die Roadmaps definitiv ein Feld, mit dem ich mich mehr beschäftigen möchte, vielleicht in weiteren Blog-Beiträgen. Die Session war auf jeden Fall wieder sehr inspirierend.
Abschließender Hinweis: Immer ist es eine sehr subjektive Zusammenfassung, die ich hier verfasse. Siehst Du Dinge anders, möchtest darüber diskutieren – melde Dich gerne bei mir!