#12 – Wieso das Protoyping so wichtig ist

Arno Karrasch hat in dieser Session des Bootcamp Product Owner über die Prototypen-Validierung gesprochen.
Arno Karrasch hat in dieser Session des Bootcamp Product Owner über die Prototypen-Validierung gesprochen. - Foto: canva.com/stroisch.eu

Schnelle Prototypen, die noch schneller getestet werden: Das ist eine der Grundideen agiler Methoden. Bei dem Digitale-Leute-Bootcamp für Product Owner war das dieses Mal ein Thema.

Auftakt: Dies ist ein Blog-Beitrag zum Modul “Product & UX Design” des Bootcamp Product Owner der Digitale Leute School. Am Donnerstag, 19. Oktober 2023, haben wir uns hier mit dem Thema Prototyping und deren Validierung beschäftigt. Referent ist Arno Karrasch.

Prototypen sind kein Selbstzweck, mit der Visualisierung sollen Leute mitgenommen werden.

Dimensionen eines Produkts

Arno beschreibt zunächst die verschiedenen Dimensionen, die ein Produkt/eine Lösung einnehmen kann und irgendwann auch muss:

  • Problem-Solution-Fit (Desirability = Wünschbarkeit)
  • Solution-Product-Fit (Fesaibility = Machbarkeit)
  • Product-Market-Fit (Viability = Brauchbarkeit)
  • Scale & Sustain (Skalieren und aufrechterhalten)

Das Problem: Alle diese Ebenen haben bereits Potenzial zum Scheitern. Damit dieses Risiko kleiner wird, muss man immer testen, ob man richtig liegt. Und man muss sehr viele Aspekte testen, weshalb es auch unterschiedliche Formen von Ideen gibt, die Arno so beschreibt:

Experimente – MVP – Product

Problem – Solution – Market

Das finde ich ganz eingängig, rastert es doch etwas die Art von Tests/Prototypen, die man in der Discovery- oder kurz vor der Delivery-Phase mehr bevorzugt.

Für das Testen empfiehlt Arno qualitative Methoden, als Anregung zum Beispiel ganz konkret:

Einen Usabiltytest durchführen

Ich bin ein großer Fan von Usability-Tests, aber möglichst “lean”. Schon in meinem Buch Web-Grafikoptimierung habe eine einfache Methode vorgestellt – und ich vertrete auch immer noch die These, dass die Auswahl der Probanden ruhig willkürlich erfolgen kann. Denn letztendlich sehe ich auch einen Usability-Test vor allem als einen Impulsgeber; er soll Dinge zu Tage fördern, die im eigenen Alltag verloren gegangen sind und soll zum Nachdenken anregen, wie eine Lösung besser gestaltet werden kann. Arno empfiehlt hier eher, passende Probanden zu finden. Vielleicht es auch eine Frage der Phase.

Arno empfiehlt folgende Vorgehensweise:

  • Szenario erstellen: Surf mal über die Website – das ist kein Szenario, wobei ich auch als Abschluss ein Fan vom freien Surfen bin.
  • Think-aloud: Die Probanden sollen einfach laut denken, immer sagen, was sie gerade denken und Sachen machen oder auch nicht machen.
  • Zusammenfassung und Dokumentation: Das hat einen ganz eigenen Wert, wenn man die Ergebnisse noch mal irgendwie zu Papier bringt.

Das kann mittlerweile auch alles remote sehr einfach durchgeführt werden, zahlreiche spezialisierte Anbieter gibt es dazu. Man kann aber auch einfach Zoom oder etwas ähnliches nehmen, den Probanden den Bildschirm teilen lassen und loslegen.

Weitere Testverfahren

Arno ist auf einige weitere Testverfahren eingegangen. Hier eine kurze Zusammenfassung:

  • A/B-Testing bzw. multivariante Testings: Hier werden einer großen Anzahl an Nutzern unterschiedliche Versionen einer Website zur Verfügung gestellt. Es sollten nicht zu viele Dinge anders sein, um tatsächlich herauszufinden, was besser performt. Allerdings ist hier nie herausfindbar, warum etwas besser performt.
  • Wizard of Oz: Dabei handelt es sich um die Simulation einer Funktionalität. Beispielsweise drückt ein Nutzer auf den Knopf eines Kaffeeautomaten, aber der wird nicht automatisch gebrüht, sondern hinter der Wand kocht ihn ein Mensch manuell. Es geht hier nicht darum, dass die Funktionalität schon besteht, im Gegenteil: Sie soll ja gerade getestet werden, bevor viel Aufwand in die Entwicklung investiert wird.
  • Collaborative Prototypen: Hier arbeiten Menschen gemeinsam an einem Prototypen, beispielsweise über Lego Serious Play oder SAP Scenes. Der Nachteil ist: Nur Menschen, die an der Entwicklung teilgenommen haben, verstehen ihn.
  • MVP: Hier wird bereits ein konkreter Wert für den Kunden generiert.

Schnelle, einfache Prototypen

Interessante Ansätze also. Auch im Design Thinking spielt das Prototyping eine große Rolle. Im Rahmen meiner Masterthesis, für die ich dieses ja für die Herausforderungen von Solo-Selbstständigen adaptiert habe, war das tatsächlich eine Herausforderung: Viele “klassische” Prototypen passten hier nicht.

Das Ergebnis: Viel mit Spiel, viel mit Papier. Eben Methoden, die eher interaktiv und recht einfach umsetzbar sind. Für meine Masterthesis selbst habe ich zum Beispiel das Storyboarding (Link auf Template) verwendet. Und das auch sehr iterativ: Immer wieder habe ich das Storyboard neu skizziert, bis es dann den finalen Prozess dargestellt hat.

Ich mag diese Methode besonders, denn sie ist mit einfachsten Mitteln – ein Blatt Papier und ein paar Stiften – umsetzbar. Und sie ist deshalb auch mit einfachsten Mitteln wiederholbar. Gleichzeitig bietet sie reichlich Angriffspunkte für die Tester. Denn: Jeder Prototyp muss auch getestet werden. Und dazu ist er – anders, als es oft gerne angestrebt wird – besser nicht perfekt, sondern fokussiert und durchaus mit Fehlern. Nur so lernt man noch einmal etwas über die tatsächlichen Bedürfnisse und Lösungen, die Nutzer anstreben.

Ein etwas mehr produktorientierter Anwendungsfall, in dem ich das Prototyping, gerade anwende, ist ein Buchprojekt. Mein Buch “Design Thinking für Solo-Selbstständige” ist nämlich ein agil durchgeführtes Buchprojekt. In einer ersten Iteration haben mehrere Personen ein Probekapitel “getestet”, danach diese Probekapitel in mehreren gestalteten Iterationen. Und last, but not least, werde ich auch die zu diesem Kapitel zugehörige Landing Page in mehreren Iterationen durchtesten lassen.

Auf jeden Fall war das wieder eine interessante Session.

Schreibe einen Kommentar